Liebe Christine, bitte stelle dich kurz vor.
Christine Deger - ich bin seit 2 1/2 Jahren als Selbstständige Unternehmensberaterin tätig mit den Schwerpunkten IT, Cybersecurity und agile Methoden Einführung. Davor war ich 18 Jahre im Konzern Umfeld in unterschiedlichen Führungsrolle in der IT tätig. Ich komme aus der Technik und habe meine IT Karriere mit Netzwerk-Administration gestartet.
Welche Schnittstellen gibt es in der Arbeit zwischen Projektmanagement und Cybersicherheit?
Maßnahmen und Umsetzungen oder Projekte im Umfeld IT-Sicherheit sind meist sehr komplex und mit sehr crossfunktinalen Teams bestückt. Das erfordern immer eine vorausschauende Planung. Und deshalb ist ein gutes Projekt Management Pflicht! Die Schnittstelle ist also klar vorhanden.
Du bist Quereinsteigerin in der IT-Branche. Auch im Projektmanagement gibt es viele Quereinsteigerinnen. Welche Vorteile hat das?
Bei mir war der Quereinstieg reine Neugierde - ich wollte immer mehr darüber wissen, wie IT/Netzwerk und virtuelle Systeme funktionieren. Und da hast du schon den ersten Vorteil: Offenheit und Neugierde gepaart mit einer gewissen Leidenschaft für die Technik - das sind die Kompetenzen die Quereinsteiger*innen mitbringen. Als zweites lernst du aus der Praxis und in der Praxis. d.h. die Lösungen die du entwickelst werden sehr schnell in der Praxis erprobt und sind weniger theoretisch geprägt. Das führt zu direkter, gelebter Erfahrung. Der theoretische Background ist meist eine Ergänzung - du liest viel und verbindet dann dein gelesenes Wissen mit der praktischen Anwendung. Und da gibt es schon manchesmal ein AHA - Erlebnis.
Als Frau in der IT kennst du die Situation gut, die einzige Frau im Raum zu sein. Welche Tipps und Ratschläge hast für alle in derselben Situation?
Puuh - schwierig.. Ich habe mich in fortgeschrittenem Alter in die Selbstständigkeit begeben, weil ich ich manchmal einfach müde war Männer von meiner Kompetenz zu überzeugen. Wenn eine Unternehmen nicht den Reifegrad hat, dass Frauen und Männer wirklich gleich ernst genommen, bezahlt und gehört werden, dann ist es nach wie vor mühselig - leider. Es hängt sehr stark vom obersten Management (CEO, GF, Vorstand..) ab, ob Gleichberechtigung im Unternehmen wirklich gelebt wird oder ob das ein reiner Papiertiger ist. Ich war lange Jahre in einem Unternehmen - dort war das gemeinsame Vorankommen und ein gutes Miteinander - egal ob Mann/Frau, GF/Mitarbeitende - gelebte Kultur. Das machte sehr viel Spass, auch wenn es nicht einfach war. Und ich bin der Vorstellung erlegen, dass Führungskräfte je höher sie kommen, dass Sie genau das als Ziel haben. Das ist aber mitnichten der Fall. Im Gegenteil - je höher die Führungsstufe desto weniger sind Führungskräfte in der Lage einen klaren Blick zu behalten. Ich rate jungen Frauen dazu, genau hin zu schauen und diese Dinge von Anfang an einzufordern. Wenn das Papier und die gelebte Realität zu sehr voneinander abweichen - such' dir ein anderes Unternehmen. Am Besten ist es zu schauen wieviel Frauen in Führung sind - insbesondere in den höheren Führungspositionen. Das alleine sensibilisiert beim Vorstellungsgespräch. Die jungen Frauen sind in der glücklichen Lage sich ihre Unternehmen aussuchen zu können - also sollten sie diese Macht nutzen!
Welchen Ratschlag hättest du gerne am Anfang deines Berufslebens bekommen?
Wenn du kämpfen musst um in Ruhe arbeiten zu können -> verändere dich und dein Umfeld. Manchmal hilft es schon die eigene Einstellung zu verändern. Wenn das nicht ausreicht - gehen! Nicht zu lange festhalten an einem Job der einen nicht weiterbringt. Dann lieber neue Wege gehen, was wagen und ggf. in die Selbstständigkeit gehen. Das hab ich mir nicht zugetraut, obwohl ich es sicher gekonnt hätte.
Und was würdest du gerne jungen Frauen im Projektmanagement und in der IT mit auf den Weg geben?
Sei' offen und lerne - am Besten immer von Menschen die gerne und mit Freude ihr Wissen weitergeben. Probiere verschiedene Bereiche aus. IT ist nicht nur Technik - im Gegenteil. Viele Dinge sind sehr logisch und strukturiert angeordnet und gerade bei Projektmanagement braucht es einen klare Linie. Das liegt uns Frauen - wir sind Weltmeister im Aufräumen und Organisieren. Und da gibts Einiges zu tun - das sehe ich in vielen Unternehmen und Projekten. Ein Beispiel ist die IT-Dokumentation - das Thema liegt bei vielen IT Team's brach, weil niemand Zeit dafür hat. Insbesondere Frauen, die Kinder haben und eine Familie managen sind grandiose Organisatorinnen. Die tun den IT-Teams gut, weil sie für Abläufe und Strukturen sorgen. Und nicht zu unterschätzen ist die Kommunikation. Wir wissen, wie wichtig es ist miteinander zu sprechen und die richtigen Beteiligten an einen Tisch zu bringen. Da liegt oft die Lösung. Und davon hat die IT immer noch viel zu wenig.